Freitag, 30. Januar 2015

Der Wind bläst mir kalt um die Nase, wirbelt meine Haare durcheinander und bringt meine Knochen zum Zittern. Normalerweise würde ich mich bibbernd beschweren, dass diese Jahreszeit viel zu kalt und grau ist, um draußen zu rauchen, aber heute scheint ausnahmsweise mal wieder die Sonne, nachdem sie endlich aus dem Wolkenmeer aufgetaucht ist.
Und so genieße ich lächelnd bis feixend jeden Zug des Stängels, der eigentlich nur krank macht, während meine Freunde sich amüsant in Gedanken verstricken und versprechen. Man diskutiert über die Zeugnisnoten, freut sich über gnädige Lehrer und plant eifrig das Wochenende. Und ich stehe mittendrin und rauche das bisschen Schmerz, das die Tabletten übrig lassen, hinweg. Es ist alles egal, wiederhole ich zudem innerlich ruhig, hämmere mir die Bedeutungslosigkeit der Vergangenheit wie ein Mantra hinter die Stirn. Du bist weg. Und das ist besser so.  Sollte ich glauben.
Neben den Kippen in meiner Tasche fällt mir ein kleiner Klopfer in die Hand- ein kleines Überbleibsel der Silvesternacht, das ich fast schon vergessen hatte. Ich umschließe ihn mit meinen Fingern und sofort schießen die Bilder durch meinen Kopf. Du. Da war noch was. Damals.
"Oh seht mal, was ich da habe!", rufe ich gelassen in die Runde. "Klopfer!", grinst mein Physiknachbar und zeigt sich dazu geneigt, auch mal etwas probieren zu wollen, bis ihm einfällt, dass er noch Roller fahren muss. "Wisst ihr was- den trinke ich jetzt auf's Zeugnis!", gebe ich bekannt, drehe das kleine Fläschchen um und klopfe es auf der Steintreppe bis sich Schaum bildet. Dann hebe ich es an, setze mir die kleine Öffnung an die Lippen und kippe mir die alkoholhaltige Flüssigkeit in den Mund. Es ist alles egal, rufe ich mir dabei wieder ins Gedächtnis und verdränge dabei gleichzeitig den empfohlenen Alkoholverzicht in Verbindung mit meinen Beruhigungstabletten. Wird schon gut gehen.  Und tatsächlich passiert nichts, ich spüre einfach nur Leere. So soll es sein.
Nachdem wir unsere Zigaretten am Boden ausgedrückt haben, beginnen wir, unsere Schulsachen aufzuraffen und uns auf dem Weg zum Bahnhof zu machen. Überschwänglich plaudern wir weiter, unsere Laune ist gänzlich ungetrübt.
Bis mir meine Augen einen Streich spielen. Im ersten Moment sehe ich nur den blaugelben Fox vor mir, scharf ziehe ich die Luft ein, während mein Herz zu rasen beginnt. Eiskalt läuft es mir den Rücken runter- es gibt dich nicht mehr in meinem Leben, schreit mein Kopf schockiert. Doch dann bemerke ich, dass das gar nicht dein Auto war- blau ist schwarz und der Fox irgendeine andere für mich bedeutungslose Automarke. Ich atme mehrmals tief durch- aber niemand hat mein Stocken bemerkt, niemand die Veränderung in meinem Gesicht wahrgenommen.
So zwinge ich mich, innerlich mein Mantra runterleiernd, alles beiseite zu schieben.
Dich gibt es nicht mehr. Für mich. 
Du bist weg. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen