Mittwoch, 26. Juni 2013

#132

“It is easier to forgive an enemy than to forgive a friend.” 


Plötzlich ist sie da. Wie aus dem Nichts ist sie angesprungen gekommen, ist meinem ehemals besten Freund um den Hals gefallen und hat ihn überschwänglich begrüßt. "Schatz, wie geht es dir?", fragt sie ihn dick grinsend und stellt sich so direkt vor ihn, das man meinen könnte, sie wolle mich gänzlich von diesem Gespräch abschneiden, damit ich erst gar nicht in Versuchung käme, auch nur ein Wort dazu beizutragen. Während die beiden sich also vor meiner Nase ausgelassen und freudig unterhalten, stehe ich anteilnahmslos daneben, fühle mich verloren in dieser großen Welt zwischen den vielen neuerdings so fremden Menschen und sehne mir alte Zeiten herbei. Zeiten, in denen niemand es gemieden hat, das Wort an mich zu richten.
"So toll, dich hier zu sehen! Eigentlich wollten wir ja gleich weiter und jemanden im Krankenhaus besuchen, aber dann haben wir hier dich und die anderen Pappenheimer getroffen!" Sie deutet mit den Kopf zu ein paar weiteren, alten Klassenkameraden, die abseits von uns stehen. "Naja, weißt du was? Ich muss dir unbedingt was erzählen!", sagt sie, während ihr Lächeln immer breiter wird. Erstaunt schaut mein ehemals bester Freund sie an, mustert sie kurz und fragt dann, was es denn sei. "Ach, naja... weißt du, ich bin vielleicht bald nicht mehr allein!", antwortet sie und scheint dabei vor Glück fast zu platzen, "hach, vielleicht habe ich endlich jemanden gefunden... du weißt schon!?" Als sie bemerkt, dass ihr Gesprächspartner sie mit einer Mischung aus Verwirrtheit und Ahnungslosigkeit als auch mit einem Schmunzeln anschaut, ergreift sie verschwörerisch seine Hand. "Ich schreib dir das alles mal, ja? Ich muss jetzt auch weiter, mal nach den anderen sehen!" 
Kaum hat sie sich winkend weggedreht, weicht ein bisschen Spannung von mir. Am liebsten würde ich jetzt in mich zusammensinken und das Gefühlschaos toben lassen, aber gekonnt schiebe ich es in die hintersten Ecken meines Körpers und versuche meine Aufgewühltheit zu ignorieren. Das Schlimmste sollte sowieso überstanden sein.

Falsch gedacht. Noch einmal springt sie auf uns zu, stellt sich lachend vor meinen einst so Vertrauten und vertieft sich mit ihm in ein Gespräch, ohne meine Anwesenheit weiter zu registrieren. Ihre kühle Ignoranz sollte mich amüsieren, immerhin habe ich ihr nie etwas getan, jedoch hinterlässt sie ein komisches Stechen in der Brust und reißt mich aus der Gegenwart. Beste Freundin. Beste Feindin.
Ihre laute Stimme lässt jedoch nicht zu, dass ich weiter darüber nachdenken könnte. Viel mehr muss ich versuchen, die Fassade zu wahren und mich nicht dem Wortaustausch beizumischen, schweigsam sein und bleiben. 

Irgendwann ist sie weg, so wie zuvor so oft.
Und ich weiß, dass sie mir immer ein wenig fehlen wird,
dass ich mich immer komisch fühlen werde, wenn ich ihr begegne.

Beste Freunde für die Ewigkeit.

Schade, dass es doch noch weh tut.
Dass da doch noch Hoffnung war, nicht egal zu sein.
Aber es ist meist leichter, einem Feind zu vergeben, als einem Freund.
Auch wenn ich kaum weiß, bei wem hier die Schuld liegt.

2 Kommentare:

  1. es tut mir leid, dass ich nicht antworte, aber ich bin auf klassenfahrt und da finde ich kaum zeit .. ich meld' mich freitag wieder :*

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  2. Danke für den lieben Kommi. *Drück dich ganz fest* :)

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