Montag, 24. Juni 2013

#131

I'm not a stranger, no I am yours
-with crippled anger and tears that still drip sore."

"Du schläfst also lieber, als mich zu küssen?", frage ich kichernd und doch gleichzeitig mit einem toternstem, provozierendem Klang in der Stimme, während du dich mühsam auf die Seite drehst, um mir in die Augen zu sehen. "Das habe ich doch gar nicht gesagt!" 
Ich schmunzele über dein müdes, zu einer Grimsasse verzogenes Gesicht und fordere dich auf, mich zu küssen. "Na los, richtig küssen! Nicht nur so ein kleiner Schmatzer, richtig!" Ächtzend kommst du mir näher, willst mir gerade übertrieben leidenschaftlich deinen Mund auf die Lippen pressen, als ich letztere kräusele, dir herausfordernd entgegen blicke und sage: "Soso. Küssen ist also so anstrengend? Du schläfst wohl doch tatsächlich lieber!" - "Arrgh", stöhnst du theatralisch, "so meinte ich das gar nicht. Ich lag nur gerade so bequem... und du warst eben zu weit weg, um dich so zu küssen, wie du es gerne hättest. Zudem bin ich halt müde, kann ich ja nichts dafür." Zwinkernd drehst du dich von mir weg und schließt als bald die Augen, bis nur noch ein regelmäßiges Atmen von dir zu vernehmen ist. "Tz, dann schlafe ich eben nicht mehr bei dir im Bett. Damit du auch ja genügend Erholung nachts bekommst und dir keiner deinen Platz klaut", flüstere ich eingeschnappt vor mich hin, um mich dann auch von dir wegzudrehen und dem Film auf meinem Laptop wieder zu folgen, den ich wegen dir vernachlässigt habe. Und eigentlich, eigentlich bin ich nicht nur eingeschnappt, sondern auch wütend. Schließlich hättest du mich auch einfach wecken oder zur Seite schieben können, anstatt dich ans Fußende des Bettes zu verziehen und dort eine Nacht wach verbringen zu müssen.  Und so bocke ich wie ein kleines Kind stumm vor mich hin.

*


*

Es ist kalt und wir beide stehen an der schweren Haustür, dem Abschied nahe. Wehmütig schaust du mich an, hebst mein Kinn und drückst deine warmen, weichen, sinnlichen Lippen auf meine- meine, die sich zwar so sehr nach deinem Kuss sehnen, sich aber nicht hingeben und in ihm verlieren. "Ich muss dann...", flüsterst du, küsst mich noch einmal und ehe ich's mir versehe und mich aus meiner kleinen Bockstarre lösen und dir einen richtigen Abschiedskuss geben kann, hast du schon deinen Schutzhelm aufgezogen. Ich spüre immer noch deinen Blick auf mir, aber die Enttäuschung reißt mich schon zu sehr in ihre eigenen Tiefen, als dass ich ihn liebevoll erwidern könnte. Einen Schmatzer hauchst du mir zu, dann schwingst du dich auf dein Moped, und ein letztes Mal drehst du dich um, um dann schließlich in der Dunkelheit zu entschwinden. 
Einsam starre ich dir nach, fühle wie mir die Kälte den Nacken hochkriecht und drehe mich schließlich weg.
Eigentlich würde ich dir am liebsten hinterherschreien, wie wichtig du mir bist, wie viel du mir bedeutest. 
Dass jeder Kuss mit dir mehr als nur eine sanfte, vor Verlangen strotzende Berührung ist.
Dass ich es immer wieder bereue, wenn ich mich in meiner Zickigkeit verliere.

Aber... was schaue ich ihm hinterher? Wieso bereue ich es jetzt, gebockt zu haben? Er wollte doch lieber schlafen, scheinbar. Dann muss er auch mit diesem Abschied leben. Und ich mit den tobenden Gefühlen.
"Er konnte gar nicht schnell genug von dir wegkommen, das hast du doch gemerkt!", kräht mein Monster und tätschelt mir freundlich die Schulter, als wolle es mich trösten. 
"Das ist Quatsch. Ich benehme mich wie ein Kleinkind. Er hat das nicht verdient...", denke ich vernünftig und versuche dabei dem schwarzen Wesen munter entgegen zu wirken. Es kriegt mich nicht, nicht mich und meine Liebe. "Ich sollte mich entschuldigen!"

Doch kaum war der Gedanke gedacht, war er auch wieder verpufft, wie ein Traum. Die Überreste dieser Entschuldigung kleben immer noch zwischen meiner gespaltenen Persönlichkeit, hängen an den scharfen Kanten und herabgebrochenen Brocken von Gut und Böse. Irgendwo zwischen bockigem Biest und liebevoller Freundin. 

Und irgendwo die Frage, wie lange alles gut geht.



1 Kommentar:

  1. Manchmal verhalten sich Menschen anders, als sie sich innerlich fühlen. So entstehen Missverständnisse und Streit. Und obwohl wir das wissen, tun wir es doch. Immer und immer wieder.

    AntwortenLöschen